100 Jahre RVI

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100 Jahre Reiterverein Ichenheim e.V.

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Ein Blick in die Turniergeschichte der "Ichenheim Classics"


1979 schlug die Geburtsstunde des Nationalen Turniers "Ichenheim Classics". Ein Jahr zuvor hatte der Reiterverein erstmals ein überregionales Turnier ausgerichtet, die Baden-Württembergischen Fahrmeisterschaften, zusammen mit Dressur- und Springprüfungen. "Damals gab es viel Lob für die idyllische Anlage mit dem hervorragenden Sandboden und da habe ich gemeinsam mit dem damaligen geschäftsführenden Vorsitzenden Günther Nußbaum überlegt, ob wir nicht einmal S-Springen ausschreiben wollen", erinnert sich der damalige Turnierleiter Hans-Jürgen Schnebel.


Nach Gesprächen mit dem Ichenheimer Ortsvorsteher Josef Braunstein und dem Neurieder Bürgermeister Hermann Mild sei klar gewesen, dass die Gemeinde die Pläne unterstützt und so wurde das Nationale Turnier 1979 aus der Taufe gehoben, mit drei Touren für die Springreiter, wobei zur Großen Tour ein M-Springen der Kategorie A und zwei S-Springen gehörten - mit dem Großen Preis der Gemeinde Neuried als Finale.


1979 musste für die Durchführung des Turniers noch einiges improvisiert werden, denn es gab noch keine Reithalle und als Richterturm diente die Blockhütte auf dem Wall. Ein Festzelt wurde für Zuschauer an der Stelle der heutigen Waldschänke errichtet. Mit überdurchschnittlichem Engagement der Vereinsmitglieder wurde das herausragende Merkmal geschaffen, das die "Ichenheim Classics" bis heute auszeichnet - eine herzliche, familiäre Atmosphäre. Bei sonnigem Wetter waren die Aktiven und Zuschauer von der idyllischen Waldreitanlage begeistert - die Springreiter sprachen gar von "Klein Wiesbaden", da hier wie dort Bäume nicht nur um, sondern auch auf dem Springplatz standen. Erst einige Jahre später wurden sie entfernt, weil sie den Parcourschefs bei der Linienführung teilweise im Weg standen. Dass der Sandboden der Waldreitanlage auch nach Regengüssen optimale Bedingungen bietet, zeigte sich beim Turnier 1980, als es so stark regnete, dass die Siegerehrungen ins Festzelt verlegt wurden und die fleißigen Helfer unermüdlich tätig waren, um immer wieder Wasser abzusaugen. Stetig wurde an Verbesserungen gearbeitet, 1981 der neue Richterturm fertiggestellt und die Reithalle eingeweiht, die im ersten Jahr noch als Stall für die Pferde der Teilnehmer diente. Auch Weltmeister Gerd Wiltfang, der zusammen mit vielen anderen Spitzenspringreitern gekommen war, ließ seine Pferde dort einstallen. In den Folgejahren ersetze die Halle das Festzelt und war bei der ausgezeichneten Gastronomie, bei der viele Frauen aus dem Verein unermüdlich wirkten, ein beliebter Treffpunkt.


In den folgenden Jahren entwickelte sich die "Ichenheim Classics" auf hohem Niveau weiter, die Mächtigkeitsspringen und die Fahrprüfungen fielen weg, stattdessen gibt es Qualifikationen für die Bundeschampionate der Spring- und Dressurreiter und andere bekannte Serien im Springsport. Das Dressurviereck wurde auf die Maße 20x60 Meter vergrößert und so konnten Dressurprüfungen der Klasse S bis St. Georg und Intermédiaire I durchgeführt werden. Die wichtigste Springprüfung des Turniers, der Große Preis von Neuried, ist heute ein S***-Springen.


Die engagierte Durchführung und hervorragende Organisation der viertätigen Großveranstaltung führte auch dazu, dass schon mehrfach im Rahmen der "Ichenheim Classics" die Südbadischen Meisterschaften der Dressur- und Springreiter in allen Altersklassen ausgetragen wurden. Die Gastronomie ist schon seit vielen Jahren wieder direkt am Turnierplatz. Durch den Bau der Waldschänke und der Zelte auf dem Damm können die Zuschauer den spannenden Springsport verfolgen, während sie sich kulinarisch stärken.


Unermüdlich sind unzählige treue Helfer und die Vereinsspitze für "ihr" Turnier tätig: 1991 übernahm Manfred Schäfer den Vorsitz des Vereins von Günther Nußbaum, von 2000 bis 2015 war Volker Hürster Vorsitzender. Seit 2015 leitet das Dreier-Team Gerhard Reichenbach, Jürgen Nußbaum und Reinhard Schill den Verein; Turnierleiter war nach Hans-Jürgen Schnebel viele Jahre Jürgen Nußbaum, danach prägte über einen 30 Jahre langen Zeitraum Reinhard Schill als Leiter das Turnier. Heute ist im Springbereich Alexander Schill und für Dressur Gerhard Reichenbach als Turnierleiter verantwortlich.


Olympiasieger kommen immer noch gerne nach Ichenheim und schätzen die hervorragenden Platzverhältnisse, so war 2016 Michael Jung kurz vor seinem dritten Olympiasieg hier am Start. Unverzichtbare Helfer sind neben den Vereinsmitgliedern die Bulldogfreunde Schutterzell und der Pinscher-Schnauzer-Club, die die idyllische Waldreitanlage für ihr Veranstaltungen nutzen.


Text: Daniela Nußbaum-Jacob

Ein Highlight


In den Anfangsjahren des Nationalen Turnier waren die abendlichen Mächtigkeitsspringen unter Flutlicht. "Damals standen die Zuschauermassen so dicht gedrängt um den Turnierplatz, dass wir die Leute bitten mussten, die Füße aus dem Parcours zu nehmen", erinnert sich der damalige Turnierleiter und Ansager Hans-Jürgen Schnebel.

Hans Günter Winkler


"Hans Günter Winkler wollte jeden Morgen einen Liter Milch, die BILD-Zeitung und die Frankfurter Allgemeine Zeitung", erinnert sich Hans Jürgen Schnebel. Winkler eine Legende des Springsports, war sich seiner Prominenz bewusst. "Beim Einreiten in den Parcours hat er immer ein wenig länger gewartet, damit die Zuschauer schnell von überallher kommen konnten, wenn er angesagt wurde", erzählt Schnebel.

Eine Wette


Eine Wette und nicht etwa schlechte Bodenverhältnisse waren Schuld an einem Sturz beim Regenturnier 1980. Der Springreiter Hans-Heinrich Quellen hatten mit zwei Damen gewettet, dass er sich beim Mächtigkeitsspringen unter Flutlicht vom Pferd fallen lassen würde. Er überwand in dem SB-Springen fehlerfrei die 1,95 Meter hohe Mauer, dann fiel er vom Pferd. Der Schreck war zunächst groß, aber bald stellte sich heraus, dass er unverletzt war.

Durch den Sturz gelangte er nicht in die nächste Runde des Mächtigkeitsspringens und so entging ihm eine Menge Preisgeld aber die Wette hatte er gewonnen.

Der Wetteinsatz ist unbekannt. Preisgeld gab es trotzdem für Quellen, als er bei dem Turnier den Großen Preis gewann.

Die Geschichte des Reiterverein Ichenheim e.V.

Ein Blick in die Geschichte des Reitervereins belegt, wie sich die Rolle des Pferdes vom unverzichtbaren Arbeitstier zum heutigen Freizeitpartner wandelte. Die Vielfalt der Reitweisen und Pferderassen zeigt, wie vielschichtig die Freizeitgestaltung mit Pferden aussehen kann. Dazu gehört nicht nur der Reitsport, sondern auch das Voltigieren und Fahren. Nicht nur die Pferde, auch die Menschen, die den Verein mit Leben erfüllen, haben sich verändert. Die Vereinsgeschichte dokumentiert, wie neben vielen erfahrenen Pferdeleuten immer wieder neue Mitglieder hinzukamen.

Eine Hochburg der Pferdefreunde.

Das Wappen von Ichenheim zeigt Hufeisen und Pflugschar, ein Zeichen dafür, dass die Dorfbewohner schon immer eng mit Pferden verbunden waren. Früher waren die Pferde in erster Linie Arbeitstiere, mussten Pflug und Wagen ziehen. Am Wochenende gab es für sie keine Ruhepausen, sondern sie sollten zeigen, dass sie nicht nur stark, sondern auch schnell waren. So ist belegt, dass schon 1924 die Ichenheimer Reiter beim Kürzeller Pferderennen am Start waren. Dies war keine Eintagsfliege.  Angespornt von den Erfolgen, beschlossen die Pferdefreunde, einen Verein zu gründen, der Reiterverein Ichenheim.

Die Tatsache, dass der Reiterverein Ichenheim der älteste der Ortenau ist, zeigt, dass das Dorf damals wie heute eine Hochburg der Pferdefreunde ist.

Ältester Reiterverein in der Ortenau

Neben dem Rennsport verlegte man sich mehr und mehr auf den Turniersport. So wird berichtet, dass "im Zuchtland Hannover sechs Pferde gekauft wurden, denen im Laufe der Jahre noch weitere folgten." Die Aktivitäten des Reiterverein Ichenheim, der bald im ganzen Badnerland bekannt war, führten nach einigen Jahren zur Gründung weiterer Reitervereine in der Ortenau.


Politische Ereignisse blieben nicht ohne Auswirkung auf den Verein. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wurden die Vereine, ob Turn- oder Reiterverein "gleichgeschaltet". Die reitsportlichen Veranstaltungen wurden den Reiterstürmen übertragen. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges kam alle reitsportliche Tätigkeit zum Erliegen. Die Männer wurden zum Kriegsdienst eingezogen und nur noch die alten passiven Mitglieder blieben während der Wirrnisse des Krieges dem Verein als Pfeiler erhalten. Die Vereinsführung hatte in dieser schwierigen Zeit von 1940 bis 1949 als Vorsitzender Karl Ackermann, sein Stellvertreter war Albert Rinderle.


Nach Kriegsende 1945 hatte in Ichenheim die französische Besatzungsmacht das Kommando und sie untersagte jede Vereinstätigkeit. Doch auch wenn das Leben denkbar schwierig war und viele Pferdefreunde nicht aus dem Krieg zurückkehrten - der Reiterverein blieb bestehen.

Der Reitplatz in der Kiesgrube.

"1949 wagte man sich erstmals wieder in kleinen Reitergruppen an die Öffentlichkeit", wird in einer Vereinschronik aus dem Jahre 1974 berichtet. 1951 wurde das erste Turnier auf dem Waldsportplatz, dem heutigen Fußballplatz, abgehalten. Das ländliche Turnier, zu dem auch Fahrwettbewerbe gehörten, fand im zweijährigen Turnus statt. 1954 erhielt der Verein von der Gemeinde die Kiesgrube beim Dorf als Reitplatz zur Verfügung gestellt, so dass das Turnier zur 30-Jahre-Feier des Vereins, nun auf eigenem Platz abgehalten werden konnte. Schon bald ernteten die Ichenheimer Reiter auf Turnieren beachtliche Erfolge. Doch nicht nur im Sattel, auch auf dem Kutschbock gab es Lorbeeren.

Geburt der Waldreitanlage

Anfang der 70er Jahre mussten die Reiter ihren Trainingsort erneut wechseln. Die Kiesgrube wurde für das neue Schulzentrum benötigt. Als Ersatz erhielt der Verein von der Gemeinde rund ein Hektar Waldgelände beim Waldsportplatz zugewiesen, zu dem 1973 noch ein Hektar Ackerland hinzukam. Bis aber die heutige Waldreitanlage entstehen konnte, war es ein langer Weg. In mühevoller Arbeit mussten die Vereinsmitglieder das Waldgelände abholzen und herrichten. Versuchsweise wurde 1972 auf dem neuen Platz ein Turnier abgehalten, um auftretende Schwierigkeiten zu entdecken und beheben zu können.


Zum 50-jährigen Vereinsjubiläum 1974 wurde dann ein größeres Turnier mit Springprüfungen bis zur Klasse M und Fahrprüfungen für Ein-, Zwei- und Vierspänner auf der Waldreitanlage abgehalten. Das Turnier war ein voller Erfolg und machte Mut für weitere Aktivitäten. Damit in Ichenheim bis in die späten Abendstunden trainiert werden konnte, wurde eine Flutlichtanlage errichtet. Die Flutlichtspringen wurden zu Höhepunkten und Zuschauermagneten der Turniere.

Ein Turnier mit Herz

1979 wagten sich die Ichenheimer erstmals mit Ihrem Turnier über die Landesgrenzen von Baden-Württemberg hinaus: Das erste Nationale Turnier, an dessen Springen der Schweren Klasse Reiter aus der ganzen Bundesrepublik teilnehmen konnten, wurde ausgeschrieben. Die Reiter kamen von weit her und waren bei sonnigem Sommerwetter von dem Turnier begeistert, lobten die Waldreitanlage mit dem großzügigen Springplatz und dem idyllisch gelegenen Dressurviereck. Unter den vielen Teilnehmern war auch ein damals eher unbekannter Reiter, dessen große Auftritte auf internationalen Turnieren erst noch bevorstanden: Otto Becker.


Die Mühen der Vereinsmitglieder wurden mit großer Resonanz in den Reiterkreisen belohnt. 1981 kamen nicht nur viele Aktive wieder, sondern es wurden sogar 100 Pferde mehr genannt. Diese Masse stellte den Verein vor Probleme, denn die Stallzelte reichten nicht aus. Reiter stellten ihre Pferde im Dorf unter, wo mancher alter Stall kurzfristig wieder hergerichtet wurde. Das "Turnierfieber" hatte viele Ichenheimer erfasst, so stand beispielsweise der alte Schuster Hermann Wurth schon früh in den Morgenstunden auf, um den Pferdepflegern, die mit ihren Vierbeinern in der Nachbarschaft untergebracht waren, Kaffee und Butterbrote zum Frühstück zu bringen - eine Anekdote, die stellvertretend für das Engagement unzähliger Pferdefreunde steht.


Elitereiter wie Gerd Wiltfang und Norbert Koof waren von dem Turnier begeistert, Rekord-Olympiasieger Hans-Günter Winkler sprach gar vom "Turnier mit Herz", ein Lob, das allen Mitgliedern und ihrer unermüdlichen Arbeit galt. Der Club Deutscher Springreiter stufte das Turnier als eines der sechs besten unter 200 nationalen Turnieren der Bundesrepublik ein.

Einweihung der Reithalle

1981 war auch in anderer Hinsicht ein Meilenstein in der Vereinsgeschichte: Die Reithalle, bei der die Mitglieder viele Stunden mit Eigenleistungen verbrachten, konnte nach nur 1-jähriger Bauzeit am 16. Juni eingeweiht werden. Beim Reitturnier stand die Halle als Festzelt zur Verfügung.


1982 gab es eine Premiere: In der neuen Reithalle wurde erstmals ein Hallenreitturnier veranstaltet. Diese Veranstaltung gab mit Spring- und Dressurprüfungen der Klasse A bis L vor allem den Ichenheimer Nachwuchsreitern, aber auch den Reitern aus dem umliegenden Vereinen die Gelegenheit, ihr Können unter Beweis zu stellen.

Einen neuen Akzent...

erhielt das Nationale Turnier im Jahre 1986: Erstmals wurden Dressurprüfungen der Schweren Klasse ausgeschrieben. Dies war möglich, da das idyllisch mitten im Wald gelegene Dressurviereck erweitert wurde. Die Dressurreiter, die vor allem aus Baden-Württemberg, aber auch aus anderen Bundesländern angereist waren, zeigten sich begeistert. Erika Schwarzkopf, schon seit Jahren auf den Dressurturnieren landauf und landab unterwegs, sprach von einem "Musterturnier des Landes". Die Dressurprüfungen bis hin zum "Prix St. Georges" und "Intermédiaire I" wurden ein fester Bestandteil der Ausschreibungen der Nationalen Turniere in Ichenheim. Für das Turnier 1987 erhielt der Reiterverein von der Fachgruppe Dressur in Baden-Württemberg die Auszeichnung als bestes Dressurturnier des Landes. Auch die Springreiter waren nach wie vor mit den Turnieren auf der Waldreitanlage sehr zufrieden: Die baden-württembergische Interessengemeinschaft IGS zeichnete die Turniere 1988, 1989 und 1992 als "Turnier des Jahres" aus. Auch im Dressurviereck konnte man bald schon immer bekanntere Gesichter am Start sehen: So 1988 Martin Schaudt (1996 Olympiasieger in Atlanta) oder die fünffache Olympiateilnehmerin Christilot Hansen-Boylen aus Kanada.

In den weiteren Jahren...

kamen Qualifikationsprüfungen zum Bundeschampionat 5- und 6-jähriger Pferde, zum Bundeschampionat des Deutschen Springpferdes und zum Bundeschampionat des Deutschen Dressurpferdes hinzu. 1995 fanden zum ersten Male zusätzlich hochkarätige Pony-Wertungs- und Qualifikationsprüfungen für landes- bzw. bundesweit ausgetragene Championate statt: Pony-Classics, Pony-Cup Baden-Württemberg, Dressurpreis DEKRA-DATA.

Der Fahrsport fand in den 90er Jahren wieder mehr Interessenten. Die seit 1979 durchgeführten Turniere geben Zeugnis von der guten Arbeit innerhalb des Vereines.

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